Es ist still geworden auf unserem Blog. Nicht, weil nichts geschah – im Gegenteil. In den vergangenen Wochen haben wir gelebt, gelitten, gehofft und gejubelt. Wir waren unterwegs, mittendrin, mit klopfendem Herzen und zittriger Stimme. Jetzt, da sich der Pulverdampf der Playoffs langsam legt, ist es Zeit, zurückzublicken – auf Momente, die uns bewegt, verändert und zusammengeschweißt haben.
Die verspielte Meisterschaft – und der Preis des langen Winters
Sechs Niederlagen. Sechs schmerzhafte, schwere Abende, die uns als Fans in die Realität zurückholten. Die Hauptrundenmeisterschaft, die so greifbar schien, glitt uns aus den Händen wie Sand zwischen den Fingern. Zurück blieb Ernüchterung. Frust. Und doch – auch Verständnis. Unsere Eislöwen, von Krankheit gebeutelt, schleppten sich durch die letzten Spiele der Hauptrunde. Vielleicht fehlte der letzte Funke, da das Playoff-Ticket längst gelöst war. Vielleicht war es schlicht die Erschöpfung. Doch wie sich zeigen sollte, zählte am Ende nur, was danach kam.
Ein zaghaftes Feuer – das Viertelfinale gegen Rosenheim
Der Frühling klopfte an – und mit ihm das Viertelfinale. Es war ein Dienstag, die Halle nicht ausverkauft. Euphorie? Fehlanzeige. Zu groß war der Schatten der letzten Wochen. Doch dann kam Rosenheim. Und mit ihnen ein Spiel, das wie ein Spiegel unserer Zweifel war. Lange hielten wir den Atem an. Autio, der Starbulls-Goalie, schien unüberwindbar. Doch dann – aus dem Nichts – traf Travis Turnbull. Und plötzlich wurde aus Zweifeln Mut. Im Schlussdrittel spielten wir Eislöwen Eishockey, wie wir es lieben: kaltblütig, kämpferisch, entschlossen. 3:1. Der erste Sieg. Ein Hoffnungsschimmer.
Spiel zwei: Aus der Ferne verfolgt, sahen wir unsere Jungs clever und abgeklärt auftreten. Sieg Nummer zwei. Und mit ihm kam das Kribbeln zurück. Spiel drei in der heimischen Arena wurde zum Fest. Früher Rückstand? Geschenkt. Unsere Cracks drehten auf, gewannen 4:1 – und wir ließen uns endlich fallen. In die Euphorie. In die Hoffnung. In den Playoff-Rausch.
Spiel vier dann wieder in Rosenheim. Ich verzichtete auf die Live-Übertragung – zu viel Anspannung. Der Ticker ließ nichts Gutes vermuten: Rückstand, Chancen für die Bayern. Doch Danny hielt uns im Spiel. Der Ausgleich? Erleichterung. Doch in der Overtime war Rosenheim einen Schritt schneller.
Und so kam Spiel fünf – in Dresden. Die Arena bebte. Die Nordkurve brüllte. Und unsere Eislöwen? Sie spielten wie entfesselt. 5:1. Ein Statement. Ein Schulterschluss. Wir alle – Mannschaft und Fans – hatten diesen Schritt gemeinsam gemacht. Ins Halbfinale. In die Herzen der Stadt.
Der Gigant erwacht – das Halbfinale gegen Kassel
Kassel. Die Huskies. Der Favorit. Für viele war es das eigentliche Finale. Für uns war es die maximale Herausforderung – und die größte Chance.
Das erste Spiel – auswärts. Nervosität. Zittern. Hoffen. Und dann: 1:0 durch Yogan. Und eine Abwehrschlacht, wie man sie nur in Playoffs erlebt. Wir zitterten uns zum Sieg. Ungläubig fuhren wir zurück. War das wirklich passiert?
Spiel zwei: Dresden. Ausverkauft. Der Hexenkessel brannte. Doch Kassel kam stark. 0:2. Dann Fox – 1:2. Wir glaubten wieder. Doch das 1:3 schien der Genickbruch. Bis zur 55. Minute. Dann Yogan – 2:3. Und als alles verloren schien: Penalty. 18 Sekunden vor dem Ende. Yogan tritt an. Und trifft. Die Halle explodiert. Ein Spiel, das fast weh tat vor Spannung. In der Overtime war das Glück diesmal auf Kasseler Seite. Doch wir wussten: Wir sind ebenbürtig.
Spiel drei: Wieder Kassel. Wieder Rückstand. Doch LeBlanc glich aus. Was dann folgte, war pures Herzblut. Zweite Overtime. Erschöpfung. Wahnsinn. Und dann: Tomas Andres trifft. Sieg. Glück. Tränen. Noch nie zuvor hatten wir zwei Siege in einem Halbfinale geholt. Zum ersten Mal glaubten wir, dass alles möglich ist.
Ein stiller Moment – und neue Kraft
Am nächsten Tag besuchte ich das Grab meines Vaters. Still stand ich da, die Gedanken wirbelnd. Wie sehr hätte ich ihn gebraucht – an meiner Seite, auf der Tribüne, inmitten dieser Geschichte. Doch statt Trauer spürte ich Kraft. Diese Playoffs waren auch für ihn.
Nur einen Tag später bebte Dresden – Spiel vier stand auf dem Plan. Die Halle ein brodelnder Hexenkessel, elektrisiert von der Hoffnung, dem Glauben, dem unerschütterlichen Willen. Was dann folgte, war nichts weniger als ein Eishockey-Drama in mehreren Akten – ungeschönt, unfassbar, unvergesslich. Das erste Drittel? Eher das sprichwörtliche Abtasten, noch keine Tore, aber spürbar: Da liegt was in der Luft. Und dann zündete das Spiel. Im Powerplay brachte ausgerechnet David Wolf die Huskies in Führung – ein Stich ins Herz. Unsere Jungs warfen alles rein, rannten an, kämpften, bissen – eine Viertelstunde voller Hoffnung und Verzweiflung, bis Drew LeBlanc endlich das erlösende 1:1 markierte. Die Halle explodierte. Und doch – vor dem letzten Drittel war alles offen, alles möglich. Dann der Moment: Travis Turnbull bringt uns in Führung! Der Jubel war ohrenbetäubend – doch kaum verhallt, glich Kassel wieder aus. Und es kam noch bitterer: Elf Minuten vor dem Ende versenkte Jake Weidner den Puck zum 3:2 für die Gäste. Die Nervosität war mit Händen zu greifen, das Zittern begann von vorn.Aber diese Mannschaft hat Charakter. Und Drew LeBlanc? Der hatte Nerven aus Stahl – 3:3! Die Eislöwen warfen alles nach vorn, Kassel nur noch mit Not und Krampf. Und dann – acht Sekunden vor dem Ende – der Wahnsinn! Suvanto, Yogan, Turnbull! Der Kapitän stochert den Puck über die Linie! Der Schrei, der dann durch die Halle ging, war keine bloße Freude – es war pure Ekstase, ein Urschrei der Leidenschaft. Ich taumelte förmlich aus der Halle, völlig im Rausch. Unten traf ich auf einen sichtlich mitgenommenen Huskies-Verantwortlichen – er wollte gerade zu Hause anrufen. Ich zwinkerte ihm zu, klopfte ihm auf die Schulter. Keine Worte nötig. Diese Playoffs… sie waren nichts für schwache Nerven. Spiel fünf in Kassel war unsere große Chance – das erste DEL2-Finale der Vereinsgeschichte war zum Greifen nah. Aber Kassel bäumte sich noch einmal auf. 0:2, 1:3 – und wir kamen zurück. 3:3. Doch dann der Stich ins Herz: 4:3. Wir fanden keine Antwort mehr. Es sollte einfach nicht an diesem Abend sein. Doch das Schicksal hatte einen anderen Plan. Die große Bühne, das große Finale – sollte es in Dresden entschieden werden. Der Tag im Büro? Ein einziges Flimmern. Die Spannung: greifbar. Vor der Halle traf ich meine Jungs – ein Blick genügte. Alle wussten: Heute kann Geschichte geschrieben werden.
Und unsere Eislöwen? Sie spielten wie eine Mannschaft, die wusste, was auf dem Spiel steht. 14. Minute: Sebastian Gorcik – dieses Playoff-Monster – macht das 1:0. Die Halle bebte. Dann ein Krimi ohne Netz und doppelten Boden. Bis in den Schlussabschnitt blieb es beim knappen Spielstand – bis es plötzlich knallte. Unterzahl, Doppelschlag. Innerhalb von vier Sekunden. Die Halle verwandelte sich in ein Tollhaus. Wir schrien uns die Seelen aus dem Leib, lagen uns in den Armen, völlig losgelöst. Wahnsinn. Einfach nur Wahnsinn. Für den Club. Für die Stadt. Für jeden, der je an diese Mannschaft geglaubt hat. Für uns. Die Nacht wurde lang – feucht, fröhlich, emotional. Und auch am nächsten Tag dauerte es, bis mir wirklich klar wurde, was da passiert war. Unsere Eislöwen stehen im Finale. Gegen Ravensburg. Um die Meisterschaft. Um den Aufstieg in die PENNY DEL. Ein Traum. Lebendig. Greifbar. Real. Und wir sind mittendrin.
Etwas für die Ewigkeit
Wie gut, dass ich eine Dauerkarte hatte. Die Finalspiele waren binnen Minuten ausverkauft, doch wir hatten Glück. Unsere Gruppe war dabei – wir durften live dabei sein, als Geschichte geschrieben wurde.
Am 17. April 2025 war es so weit. Finalauftakt in der CHG-Arena in Ravensburg. Die Nationalhymne hallte durch das Stadion – Gänsehaut pur. Doch an diesem Abend waren die Towerstars die abgezocktere Mannschaft. 4:2 – zum ersten Mal lagen unsere Eislöwen in einer Serie hinten.
Doch schon an Ostersamstag folgte die Antwort. In der brodelnden JOYNEXT-Arena zeigten unsere Jungs, was in ihnen steckt. Vier Tore im zweiten Drittel, pure Dominanz, ein 5:1-Sieg – der Ausgleich in der Serie. Euphorie, die kaum zu greifen war.
Spiel drei in Ravensburg – und der Aberglaube gebot, Dinge zu verändern. Neue Sitzordnung, anderes Bier. Doch nach zwei Dritteln: 0:2-Rückstand. Hoffnung? Fast dahin. Aber diese Mannschaft, unsere Eislöwen, hatten in dieser Saison gelernt, sich nie aufzugeben. Im letzten Drittel explodierten sie – drehten das Spiel in zehn magischen Minuten. Turnbull trifft sogar in Unterzahl zur Führung. Zwei Empty-Net-Tore machten den Sack zu. Wahnsinn.
Zurück an der Elbe – Spiel vier. Wieder eine Hymne, wieder Gänsehaut. Und wieder ein Feuerwerk unserer Jungs. 4:0. Drei Matchpucks. Tausend Gedanken im Kopf, als dieser laue Frühlingsabend endete.
Spiel fünf – zurück in Ravensburg. Freitagabend, ich sitze im Büro, das iPad läuft heimlich. Es kribbelte schon den ganzen Tag. Soll es heute passieren? Soll das wirklich der Moment sein? Doch es wurde nicht unser Abend. 4:7 – Ravensburg war zurück.
Dann kam dieser irrwitzige Samstag. Kartenjagd im Gruppenchat, Nervosität, Panik. Irgendwann dann die erlösende Nachricht: Alle haben ein Ticket! Die Nachfrage? Gigantisch. 10.000 Karten hätten locker verkauft werden können. Public Viewing wurde kurzerhand organisiert. Alles war angerichtet – für den Abend.
Das Spiel: Ein Auf und Ab der Gefühle. Fox und Turnbull brachten uns zweimal in Führung. Doch das Spiel wurde zäh, schwer, nervös. Santos glich für Ravensburg aus. Im dritten Drittel war die Spannung kaum zu ertragen. Doch nur die Gäste trafen noch. 2:4. Stille. Wir standen im Block wie versteinert, sagten kein Wort. Die Rückfahrt: eine trübe Blase aus Musik und stummen Blicken ins Dunkel. Montag war der schlimmste Tag. Doch irgendwann kam dieses Trotzgefühl. Einer fehlt noch. Nur ein einziger Sieg.
Dienstag – Spiel 7. Zum ersten Mal in der DEL2-Geschichte wude ein Finale im siebten Spiel entschieden. Ich fühlte... nichts. Keine Euphorie. Keine Angst. Nur Leere. Ich spulte den Arbeitstag ab. Abends sagte meine Frau Jenni: „Wir machen es wie bei Spiel drei. Ich les, du schaust.“ Also gut.
Die Mannschaften kamen aufs Eis. Der Pokal stand da. Es war so real und doch surreal. Das erste Drittel: 0:0. In der Pause tigerte ich durch die Wohnung, immer wieder raus auf den Balkon, in den Himmel starrend. Dann: Bruno Riedl! 1:0! Keine Reaktion. Meine Frau schaute auf: „Warum jubelst du nicht?“ Ich sagte nur: „Es gibt noch nichts zu jubeln.“
Und doch: Hoffnung. Das zweite Drittel gehörte uns. Ein höherer Vorsprung wäre verdient gewesen, blieb aber aus. Im letzten Drittel verwandelte sich das Spiel in eine einzige Abwehrschlacht. Angriff? Kaum. Ich dachte nur: Das geht nicht gut... Dann – Unterzahl. Die Sekunden wurden zäh. Czarnik knallt die Scheibe rein. 1:1. Meine Frau: „Ach sch…“ Ich: Regungslos. Und doch: Fast fällt der Ausgleich nicht auf unserer Seite. Es blieb beim 1:1.
Dann kam die Overtime. Alles oder nichts. Keine Gedanken, nur ein dumpfes Gefühl: Bitte jetzt, bitte…Überzahl. Schüsse. Rettungen. Wiederaufbau. Dann: Suvanto. Fox. Turnbull. Der Puck in den Slot. Sykora steht da. Stochert. TOOOOR!!! Die Welt stand still. Ich brüllte. Riss mir das Trikot vom Leib. Zitternd vor Glück. Ich weinte. Ich schrie meine Frau unter Tränen an: „Wir haben es geschafft! Wir sind Meister!“
Die Nacht wurde zum Tag. Kaltgetränke. Musik. Lachen. Und am nächsten Morgen dieses irre Grinsen im Gesicht. Kollegen, die heimlich mitgefiebert hatten, gratulierten. Wir hatten es wirklich geschafft. Unsere Eislöwen. Meister der DEL2. Für immer. Für die Ewigkeit.
Die Feier in Dresden
Am Nachmittag ging es zurück nach Dresden – zur Meisterparade. Und was dann geschah, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Gemeinsam gaben wir nochmal alles. Wir sangen, wir jubelten, wir feierten – und zeigten ganz Dresden, dass diese Stadt nicht nur Elbflorenz ist, sondern auch eine Eishockeystadt durch und durch. Es waren Momente voller Gänsehaut, voller Tränen, voller Glück. Szenen, wie ich sie mir nie hätte erträumen können – und doch waren sie plötzlich Wirklichkeit.
Auf der Rückfahrt wurde es still in mir. Ich schaute aus dem Fenster, der Trubel lag hinter uns – und dann war da nur ein Gedanke: Papa. Wie gern würde ich jetzt mit dir anstoßen. Ich erinnere mich, wie oft wir über meine Träume gesprochen haben, wie oft du geschmunzelt hast, wenn ich wieder mit meinen „verrückten Ideen“ kam. Und ja, vielleicht habe ich dich manchmal damit genervt. Aber weißt du was? Gestern ist mein Traum wahr geworden. Mein „Gespinne“ – wie du immer gesagt hast – hat sich erfüllt. Und ich weiß, du wärst jetzt unfassbar stolz. Dieser Aufstieg – er gehört auch dir.
Ein riesiges Danke geht an meine Frau. Du hast mich diese ganze lange Saison geteilt – mit den Eislöwen, mit dem Wahnsinn, mit dem ständigen Auf und Ab. Ich weiß, es war nicht immer leicht. Aber du warst da. Und jetzt darfst du dich endlich freuen, dass es vorbei ist. Für einen Moment zumindest.
Danke auch an meine Firma – für jedes Verständnis, für jeden erfüllten Schichtwunsch. Ohne euch wäre vieles in dieser Saison nicht möglich gewesen. Ihr habt mir erlaubt, diesen Traum wirklich zu leben.
Und dann – Danke Toni, Danke Dani. Unsere Ecke in der Nordkurve… sie ist mehr als nur ein Platz im Stadion. Sie ist unser Zuhause. Unsere Leidenschaft. Unser Herzschlag.
Wir haben es geschafft. Wir haben Geschichte geschrieben. Wir sind Meister.